Björn Lakenmacher, MdL

Unfallbilanz mit Licht und viel Schatten

In Brandenburg ist die Zahl der Verkehrstoten zwar auf dem niedrigsten Wert seit der Wende. Dennoch geht es auf den Straßen oft gefährlich zu.
Nirgendwo in Deutschland ist das Risiko, im Straßenverkehr zu sterben, so hoch wie in Brandenburg. Umgerechnet auf eine Million Einwohner starben 2015 insgesamt 73 Menschen auf den Brandenburger Straßen und Alleen. In Mecklenburg-Vorpommern waren es 58, in Sachsen 47 – der Bundesdurchschnitt betrug gerade einmal 43 Verkehrstote pro einer Million Einwohner. Das gab Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz 2016 in Potsdam bekannt. Einen Hoffnungsschimmer gab es allerdings 2016: Im vergangenen Jahr ging die Zahl der Unfalltoten auf 121 zurück, hochgerechnet auf eine Million Einwohner waren es nur noch 49. So wenige Unfalltote gab es in Brandenburg noch nie – doch in der bundesweiten Statistik verändert das nicht viel: "Es besteht die Chance, dass Brandenburg die rote Laterne im Ranking der Bundesländer abgeben kann", sagte Schröter. Aus den übrigen Bundesländern liegen derzeit nur die Zahlen der ersten elf Monate von 2016 zum Vergleich vor – doch in diesem Zeitraum sank die Zahl der Unfalltoten in den meisten Ländern ebenfalls. Was bedeutet: Auch für 2016 wird es nach Einschätzung des Potsdamer Ministeriums zu nicht viel mehr als "einem Platz im letzten Drittel der Statistik" reichen. Denn auf Brandenburgs Straßen geht es rüde zu: Die Zahl der festgestellten Geschwindigkeitsverstöße stieg 2016 um sieben Prozent auf 1,54 Millionen, die Zahl der Fahrer, die unter Drogeneinfluss am Lenkrad ertappt wurden, stieg gar um 24 Prozent, also fast ein Viertel, auf 1440. Und auch die Unfallzahlen stiegen an: von 80 978 im Jahr 2015 auf 82 407 im Jahr 2016. "Das ist eine Bilanz, die keine Freude macht", sagte Schröter. "Wir können nicht hinnehmen, dass die Zahl der Verkehrsunfälle seit drei Jahren immer weiter wächst." Die überwiegende Ursache für die Unfälle sei dabei die Nicht-Beachtung der Verkehrsregeln. Ein Drittel aller Verkehrstoten sei auf Raserei zurückzuführen. Was bedeutet, dass auf Brandenburger Straßen künftig eher mehr als weniger geblitzt werden dürfte. "Die Polizei muss die Bekämpfung der Unfallursachen in den Mittelpunkt der Verkehrsüberwachung stellen", sagte Schröter. Weswegen Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke eine "flächendeckende Geschwindigkeitsüberwachung" ebenso ankündigte wie eine Fortsetzung des Blitzermarathons. Einen Schwerpunkt werde man bei den Kontrollen von Lkws setzen: Denn im Vergleich zu 2015 gab es in Brandenburg im vergangenen Jahr rund 400 Verkehrsunfälle mehr unter Beteiligung von Lkw-Fahrern. Und bei Lkw-Unfällen seien in zwei Dritteln aller Fälle die Brummifahrer schuld. Das raue Klima auf den Straßen der Mark machte sich im Übrigen auch bei den Bußgeldeinnahmen bemerkbar: Sie stiegen von 43,2 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 48,6 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Da überrascht es nicht, dass Verkehrsministerin Kathrin Schneider (SPD) im kommenden Jahr die Präventionsarbeit noch einmal verstärken will. Zusammen mit dem Innenministerium sollen im kommenden Jahr 500 000 Euro mehr für die Förderung von Präventionsprojekten investiert werden. Und mit rund 450 000 Euro will das Verkehrsministerium etwa die Installation von Ampeln an Schulwegen verstärken. Noch weiter ging am Mittwoch die Verkehrspolitikerin der Linken, Anita Tack: Sie sprach sich angesichts der gestiegenen Zahl von Unfällen unter Alkohol- und Drogeneinfluss für die Einführung einer Null-Promille-Grenze am Steuer aus. Für die CDU begrüßte dagegen der Abgeordnete Rainer Genilke die – gemessen in absoluten Zahlen – gesunkene Zahl der Unfalltoten. "Aber bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass die Unfallzahlen in fast allen Bereich angestiegen sind", sagte Genilke, der auch Präsident der Landesverkehrswacht ist. "Das zeigt eindeutig, dass im Bereich der Prävention und Verkehrserziehung weitere Anstrengungen notwendig sind." Mehr Kontrollen fordert auch der Landtagsabgeordnete Björn Lakenmacher (CDU): "Seit der Polizeireform kann in Brandenburg oftmals nicht viel mehr als die automatisierte Geschwindigkeitsüberwachung gewährleistet werden", sagte Lakenmacher. "Verstöße gegen Gurt- und Helmpflicht oder das Fahren unter Alkohol- und Drogeneinfluss lassen sich aber nicht mit einem Blitzer verhindern." Dazu brauche es mehr Personal für regelmäßigere Verkehrskontrollen.