"Es ist fünf vor zwölf für die Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung im Land Brandenburg", so der heute neu gewählte Landesvorsitzende Riccardo Nemitz (39) auf dem 8. Ordentlichen Landesdelegiertentag des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) - Landesverband Brandenburg. "Wenn jetzt nicht politisch umgesteuert wird, steht der durch den überdurchschnittlichen Einsatz des verbliebenen Personals gerade noch aufrecht zu erhaltende Sicherheitsstandard auf dem Spiel", so Nemitz weiter.
Gestern und heute haben in Frankfurt (Oder) 70 Delegierte aus dem gesamten Land Brandenburg unter dem Motto "Sicherheit braucht Kriminalpolizei" über die seit mehr als zehn Jahren andauernden dramatischen Entwicklungen in der Polizei Brandenburgs beraten. Haushaltspolitisch veranlasste und weitgehend sachfremde Strukturveränderungen hemmten zunehmend die Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung in Brandenburg. Politischer Hintergrund sei von Anfang an das Bestreben der Landesregierungen, die Kosten des Öffentlichen Dienstes durch Personalabbau zu senken. Zwar sei unbestritten das Recht des Souveräns, politische Schwerpunkte für die Verwendung der öffentlichen Einnahmen zu setzen.
Brandenburg sei nach wie vor eines der Flächenländer mit der höchsten Kriminalitätsbelastung pro Einwohner. Einbruchsdelikte, Rauschgift- und Bandenkriminalität, Rohheitsdelikte, Wirtschaftsstraftaten und insbesondere die so genannte Internetkriminalität stiegen seit Jahren an, während die Delikte der so genannten Massenkriminalität (einfache Eigentumsdelikte) im Dunkelfeld einer zunehmend frustrierten Bevölkerung verschwänden, die schon längst den Glauben an Aufklärungserfolge verloren habe.
Was aber tue die Landesregierung? Bereits seit zwanzig Jahren gäbe es keine verwendungsorientierte Ausbildung der Kriminalpolizei in Brandenburg, seit zehn Jahren keine nennenswerte kriminalpolizeiliche Erstverwendung mehr. Die Folgen des Personalabbaus für Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung würden dadurch noch verschärft.
Der BDK fordert daher erneut nachdrücklich:
* 1. Ein grundlegendes politisches Umdenken zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit weg von punktuellen anlassbezogenen Reaktionen der Polizeipräsenz, hin zu einer nachhaltigen Aufwertung der präventiven und repressiven Strafverfolgung bei Polizei und Staatsanwaltschaft.
* 2. Rücknahme der zuletzt durch die Landesregierung beschlossenen Personalkürzungen von weiteren 1.900 Polizeivollzugsstellen.
* 3. Verwendungsorientierte Ausbildung für Schutz- und Kriminalpolizei an der Fachhochschule der Polizei durch die Einführung von Kripo-Klassen.
* 4. Direkteinstieg von Absolventen bei der Kripo durch deren Erstverwendung im Kriminaldauerdienst als erfolgreiches Modell zur flächendeckenden schnellen Erstbearbeitung von Straftaten.
* 5. Die Einsetzung einer interdisziplinären Expertenkommission zur Bewertung der Sicherheitslage, um der alljährlichen politischen Instrumentalisierung einer wenig aussagekräftigen Kriminalstatistik auf den Prüfstand zu stellen und zu einer solideren Bewertung der tatsächlichen Sicherheitslage zu kommen.
Neben den kriminalpolitischen Beratungen vollzog sich auf dem Landesdelegiertentag auch ein Wechsel an der Spitze des Landesverbandes. Der seit 22 Jahren amtierende und damit dienstälteste BDK-Landesvorsitzende Wolfgang Bauch reichte den Staffelstab an einen Jüngeren weiter. Er wurde einstimmig zum ersten Ehrenvorsitzenden des Landesverbandes gewählt. Damit würdigt der Landesdelegiertentag die herausragenden Verdienste Wolfgang Bauchs für die Gestaltung und Entwicklung des BDK, der Kriminalpolizei und der trafverfolgung im Land Brandenburg.
Der BDK Brandenburg wird auch künftig als eine starke Stimme, als die Lobby der Kriminalpolizei, zu vernehmen sein.