Der Personalabbau steht noch bevor
Zum Bekämpfen von grenzüberschreitender Kriminalität müssen auch grenzüberschreitende Ermittlungskommissionen gebildet werden. Dafür hat sich am Donnerstagabend Gerd Schnittcher, der Leitende Oberstaatsanwalt, bei einer Diskussionsrunde zur öffentlichen Sicherheit in Neuruppin ausgesprochen. „Wir müssen an die Nester der Banden ran“, sagte Schnittcher.
Derzeit ist das kaum möglich. Deutsche Ermittler können zwar immer wieder Auto- oder Wohnungsdiebe festnehmen, doch wenn es Auftraggeber und Hintermänner im Ausland gibt, bleiben diese meist im Dunkeln. Sie beauftragen einfach neue Diebe. „Wir müssen die Zusammenarbeit mit Polen und den anderen Nachbarländern verbessern“, sagte Schnittcher. Werde beispielsweise ein Dieb geschnappt, der mit einer Luxuslimousine in Richtung Polen fährt, müssten dort ebenfalls Ermittlungen laufen. Derzeit wird erst umständlich ein Antrag auf Rechtshilfe gestellt, über den dann nach vier oder sechs Wochen entschieden wird. „Das Vehikel der Rechtshilfe hat sich längst überlebt“, betonte Schnittcher. Zugleich warnte der Leitende Oberstaasanwalt davor, Einbrüche und Diebstähle immer gleich ausländischen Tätern zuzuschreiben. So haben die Ermittler erst vor wenigen Tagen eine Serie von 18 Einbrüchen in Schwedt (Uckermark) aufklären können. „Es waren Deutsche und nicht Polen, wie immer wieder in der Bevölkerung vermutet wurde“, sagte Schnittcher.
Zu der Runde im Neuruppiner Tempelgarten hatte die CDU-Landtagsfraktion eingeladen. Es kamen jedoch nur gut ein Dutzend Interessenten – vermutlich wegen des Fußballspiels des HSV. Björn Lakenmacher, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, kritisierte dennoch die Politik der rot-roten Landesregierung. Der geplante Abbau von 1900 Polizisten bis zum Jahr 2020 sei ein Fehler. Denn Brandenburg sei mit anderen Flächenländern im Bund nicht vergleichbar. „Wir haben eine über 250 Kilometer lange Wohlstandsgrenze nach Polen.“ Hinzu komme im Herzen der Mark die Hauptstadt Berlin mit ihren negativen Auswirkungen. Und: Die Kriminalitätsrate in Brandenburg sei jetzt schon höher als in den anderen Flächenländern. Deshalb sollte die Zahl der Polizisten nicht unter die Marke von 8000 sinken, sagte der CDU-Politiker. Lakenmacher verwies auf die jetzt schon hohen Krankenstände bei der Polizei. Diese liegen brandenburgweit im Schnitt bei 35 Tagen im Jahr. Im Polizeirevier Rheinsberg sind es 39 Tage, in der Wache Wittstock gar 51 Tage.
„Das ist eine Folge der Polizeiabbaureform“, so Lakenmacher. Dem widersprach Bernd Halle, der Leiter der Polizeidirektion Nord in Neuruppin. Diese ist für die Kreise Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und Oberhavel zuständig. Demnach hat der Personalabbau noch gar nicht begonnen. „Wir sind mit 1050 Bediensteten gestartet und haben keine zehn Leute weniger.“ Allerdings ist der Personalabbau wohl nur eine Frage der Zeit. Nach den jetzigen Plänen soll es ab 2020 in der Direktion nur noch 880 Bedienstete geben. Jedoch solle nicht bei der Zahl der Revierpolizisten gespart werden, betonte Bernd Halle. Der Polizeichef verwies zudem darauf, dass seine Mitarbeiter „bodenständig und engagiert“ seien. Dafür spreche die Aufklärungsquote von gut 57 Prozent. „Das ist die Beste im Land. Sie liegt drei Prozent über dem Durchschnitt“, betonte Halle.
Keine rechte Erklärung hatte der Polizeichef für den hohen Krankenstand. „Das ist bundesweit ein Phänomen.“ Mit der Reform habe das kaum etwas zu tun, so Halle. Er vermutet vielmehr, dass langjähriger Schichtdienst eine Ursache sein könnte. „Das hinterlässt bei jedem Spuren.“ (Von Andreas Vogel/MAZ)