„Feuerwehr und Politik – Hand in Hand“
Neues Kapitel in der Dienstwagenaffäre um Brandenburgs Vize-Landesbranddirektor, den Ex-Büroleiter von Ministerpräsident Woidke: Das Innenministerium pochte auf die Vorschriften - wonach Privatfahrten nicht erlaubt waren. Aber offenbar reichte das nicht.
Potsdam - Beim Landesfeuerwehrverband Brandenburg ist man bester Laune. Am Mittwochabend lädt der Verband zum Parlamentarischen Abend in den Landtag in Potsdam. Dann gibt es Häppchen, gern auch etwas zum Löschen, Wein, Bier. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) soll eine Rede halten. Erwartet wird auch Carsten Pranz. Er ist stellvertretender Landesbranddirektor, ernannt 2011 – auch mit Unterstützung des Landesfeuerwehrverbandes - von Woidke. Bis Anfang Mai war er auch Büroleiter des Regierungschefs, musste dann aber zurück ins Innenministerium. Er stolperte über eine Dienstwagenaffäre. Die Staatsanwaltschaft prüft den Fall noch. Es geht um die Frage, ob Pranz seinen Dienstwagen zu unrecht privat nutzte. Doch im Feuerwehrverband und in der Staatskanzlei herrscht Zuversicht, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst. Eine Verteidigungslinie ist schon aufgebaut: Den Medien, die über die Affäre berichten, wird vorgeworfen, sie würden Menschenjagd betreiben. Die CDU will am Tag danach für ein böses Erwachen sorgen Anzeige Recommendations powered by plista Anzeige Der Stimmung beim Parlamentarischen Abend soll das alles keinen Abbruch tun. Der Kater könnte am Donnerstagmorgen im Plenum folgen – mit einer mündlichen Anfrage des CDU-Abgeordneten Björn Lakenmacher. Der will im Plenum von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) mehr zu der Dienstwagenaffäre wissen: „Welche Verdachtsmomente hinsichtlich eines strafbaren Verhaltens der stellvertretenden Landesbranddirektoren gab es zu welchem Zeitpunkt?“ Grund für die Frage sind PNN-Recherchen, wonach bereits im September 2015 ein interner „Abschlussbericht zur Plausibilitätsprüfung von Fahrtenbüchern“ des Innenministeriums zum Fall Pranz und seinen Kollegen, dem Landesbranddirektor und dem zweiten Vize, vorgelegen hat. Doch damals war das Ministerium untätig geblieben. Es griff erst im Zuge der Dienstwagenaffäre von Ex-Justizminister Helmuth Markov (Linke) und zog die Dienstwagen ein. Die von Schröter im Mai wegen Verdachts auf Straftaten eingeschaltete Staatsanwaltschaft kann deshalb einen bestimmten Strafbestand nicht mehr untersuchen: Denn der „Unbefugte Gebrauch eines Fahrzeugs“ ist ein Antragsdelikt. Die Antragsfrist ab Bekanntwerden von Verdachtsmomenten ist abgelaufen, sie beträgt nur drei Monate. Nun bleibt den Ermittlern nur noch die Frage übrig, ob ein Anfangsverdacht für Betrug besteht und ein offizielles Verfahren eingeleitet wird. Innenministerium hält sich bedeckt - und gibt dennoch viel preis Fest steht: Innenminister Schröter hat – wenn auch spät – die Reißleine gezogen. Sein Haus hält sich bei parlamentarischen Anfragen aber bedeckt und verweist auf die Staatsanwaltschaft. So auch in einer aktuellen Antwort auf eine CDU-Anfrage. Allerdings wirft das Ministerium auch ganz neue Fragen auf. Ob die Landesbranddirektoren ihre Dienstfahrzeuge „im Widerspruch zur Dienstkraftfahrzeugrichtlinie“ genutzt haben, ob es seit 2011 mit Bereitstellung der Autos Verdachtsmomente auf mögliche Verstöße gegen Nutzungsvorschriften gab, lasse sich nach Prüfung durch die Staatsanwaltschaft sagen, teilte das Ministerium mit. Die internen Prüfungen seien schließlich nur Stichproben gewesen. Immerhin aber seien nach den vom Landesrechnungshof im Juni 2014 festgestellten Unregelmäßigkeiten „vertiefende Überprüfungen“ eingeleitet worden. Eine private Nutzung war nicht erlaubt Allerdings offenbart das Ministerium dann doch indirekt, wo das Problem liegt. Demnach mussten die stellvertretenden Landesbranddirektoren keine Nutzungsentgelte für ihre Dienstkraftfahrzeuge entrichten. Der Grund: Die Wagen waren nur für Dienstzwecke vorgesehen – und nicht für Privatfahrten, für die Nutzungsentgelte dann gezahlt werden müssen. Noch delikater ist eine andere Stelle in der Antwort auf die CDU-Anfrage. Demnach hat die Landesfeuerwehrschule mit dem Landesbranddirektor und seinen Stellvertretern die Prüfmitteilung des Landesrechnungshofs ausgewertet. Die Brisanz der Lage muss ihnen also bewusst gewesen sein. Die Frage ist, wann dies geschah. Noch vor der Landtagswahl im September 2014, als Pranz schon Woidkes Büroleiter in der Staatskanzlei war? Pranz sollte ein Schreiben des Ministeriums zur Rechtslage bekommen Und weiter heißt es in der Antwort des Ministeriums: „Darüber hinaus wurden nach dem Bericht des Landesrechnungshofes mehrfach Schreiben an den Landesbranddirektor, die stellvertretenden Landesbranddirektoren und den Leiter der Landesschule für Brand- und Katastrophenschutz vorgelegt, in denen auf die Einhaltung der Regelungen der Dienstanweisung und der Dienstkraftfahrzeugrichtlinie hingewiesen und unter anderem darauf verwiesen wurde, dass die stellvertretenden Landesbranddirektoren nur zu einer nicht personengebundenen Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge“ gemäß der Dienstkraftfahrzeugrichtlinie des Landes „berechtigt sind“ – dass sie die Wagen also nur dienstlich nutzen durften. Dieser Vorgang lässt Fragen offen, die auch Ministeriale im Innenressort treffen: Wem im Ministerium wurden die Schreiben an Pranz und die anderen vorgelegt? Sind die Schreiben abgesegnet oder verändert worden? Erreichten die Schreiben mit klaren Hinweisen zur Rechtslage überhaupt die Adressaten? Oder wurden sie abgeschwächt? Müssen Pranz und die anderen also gewusst haben, dass sie nicht privat mit den Wagen fahren dürfen? Gab es keine Reaktion? Hat das Ministerium deshalb am Ende die Wagen eingezogen und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet? Die besonderen Verhältnisse in Brandenburg Alles Fragen, die sicherlich beim Parlamentarischen Abend im Landtag besprochen werden können. Aufschlussreich – nicht zur Dienstwagenaffäre, aber zu den besonderen Verhältnissen – ist übrigens ein Blick ins Archiv. In der offiziellen Mitgliederinformationen des Landesfeuerwehrverbands vom Mai 2015 wurde auch über Pranz berichtet. Denn ihm war das Deutsche Feuerwehr-Ehrenkreuz in Silber verliehen worden. Dazu heißt es: „Der Büroleiter des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg hat großes Verständnis für die Arbeit der Feuerwehren, schließlich kennt er sie aus eigener Erfahrung (...). Feuerwehr und Politik – Hand in Hand! Carsten Pranz lebt dieses Motto.“