Bei der Untersuchung der Mordtaten des rechtsextremen NSU war auch die Arbeit des brandenburgischen Verfassungsschutzes in die Kritik geraten. Ein Untersuchungsausschuss sollte Klarheit bringen - doch jede Fraktion hat ihre eigenen Schlussfolgerungen gezogen.
Der NSU-Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtags hat in der Bewertung der Ergebnisse zu erheblichen Differenzen zwischen den Fraktionen geführt. Statt gemeinsamer Schlussfolgerungen gaben die Abgeordneten am Montag im Landtag insgesamt sieben Sondervoten ab. Der Ausschuss hatte drei Jahre lang ein mögliches Versagen des Landesverfassungsschutzes bei der Weitergabe von Hinweisen des V-Manns "Piatto" auf das NSU-Trio an die Strafverfolgungsbehörden untersucht. Thema war zudem grundsätzlich der umstrittene Einsatz von V-Leuten aus der rechtsextremen Szene. Der Obmann der oppositionellen CDU im Ausschuss, Björn Lakenmacher, erklärte, trotz festgestellter Fehler des Verfassungsschutzes sei der Einsatz von V-Leuten "notwendig und unverzichtbar". SPD-Obmann Björn Lüttmann betonte, bei der geplanten Neuregelung des Verfassungsschutzgesetzes müssten Standards für die Auswahl und die Führung dieser Informanten klarer festgelegt werden. Dagegen sollte nach Ansicht von Grünen und der mitregierenden Linke der Verfassungsschutz künftig möglichst keine V-Männer mehr einsetzen, um mögliche Verstrickungen der Behörde und eine indirekte Unterstützung rechtsextremer Aktivitäten zu unterbinden. "Den Einsatz von V-Leuten sehen wir als ausgesprochen kritisch und eigentlich nicht verantwortbar an", betonte Grünen-Obfrau Ursula Nonnemacher. Der Linke-Obmann Volkmar Schöneburg wurde noch deutlicher. "Es hat sich erwiesen, dass der Einsatz von V-Leuten nicht grundrechtskonform geschehen kann, und der Erkenntniswert vergleichsweise gering ist", sagte er. "Der Quellenschutz steht bei diesem Vorgehen der notwendigen Strafverfolgung entgegen." Denn Anlass für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses war die Tatsache, dass "Piatto" 1998 bereits vor Beginn der Mordserie des NSU Hinweise auf drei Skinheads gegeben hatte, die in den Untergrund gegangen seien und Raubüberfälle planten. Diese Hinweise wurden nur an den Verfassungsschutz in Thüringen und Sachsen gegeben, nicht aber an die zuständigen Stellen der Polizei und der Staatsanwaltschaft. "Die Hinweise auf das Trio hätten zwingend an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden müssen", betonte Nonnemacher. Dies hätte zumindest die Chance erhöht, das Trio vor Beginn der Mordserie zu fassen, sagte sie. "Es gibt also eine Mitverantwortung des Landes Brandenburg beim NSU-Komplex", betonte Nonnemacher. Daher solle Brandenburg wie das Land Thüringen finanzielle Mittel für die Angehörigen der NSU-Opfer bereitstellen. Nach Einschätzung von AfD-Obmann Franz Wiese ist der Verfassungsschutz unverzichtbar - und sollte weiter ausgebaut werden. "Die AfD plädiert für einen Ausbau des Verfassungsschutzes, damit er den wachsenden Herausforderungen durch Linksextremismus und Islamismus gerecht werden kann." Die rot-rot Landesregierung plant bereits, die Behörde um 37 auf dann 130 Mitarbeiter zu verstärken. Lüttmann betonte, dass die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses in die Neufassung des Verfassungsschutzgesetzes einfließen sollen, das bereits in der kommenden Woche im Landtag beschlossen werden soll. Darin soll die parlamentarische Kontrolle des Nachrichtendienstes verstärkt und Regeln für die Führung von V-Leuten erlassen werden. So sollen Personen, die schwere Straftaten begangen haben, nicht mehr angeworben werden dürfen. Die rot-roten Koalitionsfraktionen hoffen dafür auf eine eigene Mehrheit. Doch zumindest der Linke-Abgeordnete Schöneburg will sich dagegen sperren. "Nach dem ausgehandelten Kompromiss könnten sich alle vom Ausschuss festgestellten Fehler im Umgang mit V-Leuten wiederholen", sagte er. "In dieser Form werde ich dem nicht zustimmen."