Affäre beim RBB: Untersuchungsausschuss befragt erste Zeugen
Er ist sich sicher: „Das Geschehene wird Konsequenzen haben“, sagt Benjamin Grimm (SPD). „Wir werden beim neuen Medienstaatsvertrag nachschärfen, Transparenzvorgaben ausbauen, Gremien professionalisieren.“ Man müsse daran arbeiten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk wieder auf breite Akzeptanz stoße. Der für Medien zuständige Staatssekretär in der Potsdamer Staatskanzlei sitzt am Freitag im Ausschussraum 1070 des Potsdamer Landtags. Doch es ist kein ganz normaler Ausschuss, der hier zusammengekommen ist: Es tagt der Untersuchungsausschuss zum RBB-Skandal. Und Grimm ist der erste Zeuge, der nach der Einsetzung des Gremiums im Dezember öffentlich vernommen wird.
Im Großen und Ganzen nichts gewusst
Im Zentrum der Zeugenvernehmung: Die Frage, was die Staatskanzlei von den Vorgängen beim RBB wusste, und wie sie ihre Rechtsaufsicht über den Sender wahrnahm. Und Grimm bemühte sich, den Eindruck zu vermitteln, dass die Staatskanzlei im Großen und Ganzen nichts wusste. Er selbst habe erst durch Medienberichte von den Vorgängen beim RBB erfahren. Doch die Staatskanzlei in Potsdam und die Berliner Senatskanzlei haben laut RBB-Staatsvertrag durchaus das Recht, an Gremiensitzungen des Senders teilzunehmen.
„Das ist aber ein Recht und keine Pflicht“, sagte Grimm im Ausschuss. Tatsächlich hat meist nur ein Bundesland an den Sitzungen teilgenommen, und das wohl auch nicht immer. „Unsere Rechtsaufsicht ist beschränkt“, sagte Grimm. Sie müsse sich in den Grenzen der Verfassung und der dort garantierten Rundfunkfreiheit bewegen. „Der Staat darf nicht bei jedem Vorkommnis tätig werden, sondern nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung vorliegen“, sagte Grimm. Bevor der Staat aufsichtsrechtlich tätig werden könne, müssten Rundfunk- und Verwaltungsrat des Senders adressiert werden und ihnen eine Gelegenheit gegeben werden, die Fälle selbst zu beheben.
Benjamin Grimm, Staatssekretär in der Staatskanzlei, hier bei der Präsentation einer neuen Landeskampagne. © dpa
Doch den Abgeordneten gelang es am Freitag auch, Diskrepanzen deutlich werden zu lassen. Das galt vor allem für Fragen des Bestenseer CDU-Abgeordneten Björn Lakenmacher, der einst als Kriminalbeamter beim Bundeskriminalamt tätig war. „Wann und wodurch erhielten Sie Kenntnis vom digitalen Medienhaus?“, fragte Lakenmacher. „Das war während meiner gesamten Amtszeit Thema“, antwortete Grimm. „Ich habe mir darüber große Sorgen gemacht und das auch dem RBB zum Ausdruck gebracht – weil ich die große Gefahr einer weiteren Konzentration der journalistischen Arbeit in Berlin gesehen habe.“
Doch dann fragte Lakenmacher weiter: „Wann haben Sie Kenntnisse zur Finanzierung des Medienhauses erlangt?“ Und Grimm antwortete: „Details zur Finanzierung des Medienhauses waren mir nicht bekannt, bis es zu einer Medienberichterstattung kam.“ Auch, dass es im RBB ein „gravierend rechtswidriges Bonussystem gegeben hätte“, sei Grimm vor dem Sommer 2022 nicht bekannt gewesen. Von Details zur Beauftragung der Kanzlei „Lutz Abel“ zur Aufklärung des Skandals wollte Grimm ebenfalls nichts wissen. „Mir ist bekannt, dass die Kanzlei beauftragt worden ist“, sagte Grimm. „Mir ist nicht bekannt, dass ein gravierender Rechtsverstoß bei ihrer Beauftragung passiert wäre.“
Fragen nach Tagungsunterlagen
Lange beschäftigten sich die Abgeordneten am Freitag mit der Frage, was die Staatskanzlei überhaupt von den Inhalten der Verwaltungsratssitzungen mitbekam. Grimm bestätigte am Freitag nur, dass Einladungen und Tagesordnungen eingingen. Ob das auch für Tagungsunterlagen, etwa die in den Sitzungen beratenen Dienstverträge galt, konnte Grimm auf Nachfrage der AfD-Fraktion nicht sagen. „Ich weiß, dass das Medienreferat die Einladungen und die Tagesordnung bekommt“, sagte Grimm. „Das ist das, was ich ihnen sagen kann, was ich weiß – mir ist nicht bekannt, ob im Einzelfall auch Sitzungsunterlagen übersandt wurden.“
Auch zu den Protokollen der Sitzungen konnte sich Grimm nicht äußern. „Das Medienreferat wertet diese Protokolle aus“, sagte Grimm. „Ich gehe davon aus, dass es das tut.“ Zudem war eine Mitarbeiterin des Referats zuvor im Generalsekretariat der ARD beschäftigt. Doch die Frage des Abgeordneten Péter Vida (BVB/Freie Wähler), ob dies eine unmittelbare Anschlusstätigkeit war, konnte Grimm im Ausschuss nicht beantworten.
Schließlich fragte Lakenmacher den Staatssekretär noch nach möglichen Konsequenzen, die die Staatskanzlei aus der Affäre ziehen wolle. Eigentlich wäre diese Frage im Untersuchungsausschuss nicht zulässig gewesen, Grimm aber beantwortete sie trotzdem. „Die Beschränktheit der Rechtsaufsicht ist verfassungsrechtlich so, wie sie ist“, sagte Grimm. „Die Stellschrauben, wo sich etwas ändern müsste, sind im Sender selbst und im Staatsvertrag.“ Aber das hatte der Staatssekretär ja schon ganz am Anfang der knapp vierstündigen Vernehmung erklärt.